Mittwoch, 24. Oktober 2012

"Interessengemeinschaften" für Kapitalanleger ?

Es kommt wieder wieder vor, dass Anleger von geschlossenen Fonds Briefe (z.B. in Form von Rundbriefen oder in Gestalt von zu gründenden "Interessengemeinschaften") von Rechtsanwälten erhalten, in denen ihnen pauschal große Hoffnungen gemacht werden, Schadensersatzansprüche durchzusetzen (und sich z.B. verlustfrei von der Anlage zu lösen).

Was aber, wenn sich nun nach Mandatierung durch diesen Anwalt heraus stellt, dass die Chancen im Einzelfall entgegen dem Anschreiben doch nicht so toll sind oder das Mandat von diesen Anwälten nur "lieblos" und "nach Standard" bearbeitet wird - aber durch den "Rundbrief" geworbenen Mandanten eine hohe Anwaltsrechnung ins Haus flattert ? Muss er diese zahlen ?

Hier hat kürzlich das AG Weilheim wie folgt geurteilt (Urteil vom 05.07.20122, 2 C 102 / 12):

"Das Rundschreiben des Kl. v. 4.5.2011 ist jedoch offensichtlich auf Erteilung von Aufträgen in Einzelfällen gerichtet. Um die Erteilung eines Mandats im Einzelfall wirbt, wer in Kenntnis eines beim Adressaten bestehenden aktuellen Beratungsbedarfs seine rechtliche Beratungsleistung vorstellt und anbietet (BGH, NJW 2001, 2886; OLG Hamburg, NJW 2004, 1668). Gerade dann, wenn ein RA ein Rundschreiben an eine Vielzahl von Gesellschaftern eines Fonds sendet und darin mitteilt, dass er Mitgesellschafter vertritt, über langjährige Erfahrung auf dem Gebiet des Kapitalanlagerechts verfügt, auf eine drohende Verjährung hinweist und den Empfänger bittet mitzuteilen, ob Interesse an weiteren Informationen besteht, stellt dies eine unzulässige Werbung dar, sofern ein Beratungsbedarf des Adressaten bereits besteht oder mit dem Schreiben gerade geweckt werden soll (LG Berlin, Urt. v. 31.10.2006 - 103 O 169/06; AnwG München, Beschl. v. 25.4.2008 - 2 AnwG 50/07).
Der Kl. hat mit dem Schreiben gerade nicht allgemein und unabhängig von einem bestehenden Beratungsbedarf um Mandanten geworben. Er hat vielmehr den Beratungsbedarf für die Gesellschafter des streitgegenständlichen Fonds gekannt und aufgrund dieses Beratungsbedarfs um eine Mandatierung im Einzelfall geworben. Dem Kl. kam es durch das Schreiben v. 4.5.2011 offensichtlich gerade darauf an, ein Mandat zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen
wegen Falschberatung im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Filmfonds zu erhalten. ............ (sic: Es ist) klar zu erkennen, dass es dem Kl. letztlich darauf ankam, den Bekl., dessen Beratungsbedarf ihm aufgrund der Gesellschaftereigenschaft an dem streitgegenständlichen Filmfonds bekannt, als Mandanten für diesen Einzelfall zu gewinnen. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass im Schreiben v. 4.5.2011 bereits im Betreff fettgedruckt der Vermerk "Achtung: Absolute Verjährung zum 31.12.2011" zu finden ist. Weiter wird dann erläutert, dass im Rahmen der Zeichnung des streitgegenständlichen Fonds eine fehlerhafte Beratung erfolgt sei und außerdem auf die Kickback-Rechtsprechung des BGH verwiesen. Nach einem nochmaligen Verweis auf die drohende Verjährung, der mit drei Ausrufezeichen versehen ist, erklärt der Kl., dass er von seiner Mandantschaft beauftragt worden ist eine Interessengemeinschaft zu gründen, um eine stärkere Verhandlungsposition für eine gütliche Einigung zu erreichen und deshalb Informationen von den anderen Gesellschaftern einzuholen. Auf dem beiliegenden Fragebogen ist zunächst der Satz "Bitte lassen Sie mir unverbindlich und kostenfrei weitere Informationen zu den Modalitäten der Interessengemeinschaft zukommen." angebracht. Nach Rücksendung des ausgefüllten Fragebogens hat der Kl. dann mit Schreiben v. 11.8.2011 die Modalitäten seiner Beauftragung erläutert. Nachdem der Bekl. den Kl. dann beauftragt hat, hat der Kl. durch Schreiben v. 23.9.2011 namens und im Auftrag des Bekl. außergerichtlich einen Schadensersatzanspruch gegen die Vermittlerin geltend gemacht, der innerhalb weniger Tage abgelehnt wurde, woraufhin der Kl. dann anfragte, ob eine gerichtliche Geltendmachung gewünscht ist.
Durch diese Vorgehensweise, bei der zunächst die Interessengemeinschaft in den Vordergrund gerückt wird und dann letztlich eine Vertretung allein des Bekl. erfolgt, hat der Kl. eindeutig beabsichtigt, ein Einzelmandat im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Vermittlerin der Fonds zu erlangen. Zunächst wird damit geworben, dass man gegenüber der Fondsvermittlerin als Interessengemeinschaft auftreten werde, wobei ein Beratungsbedarf des Bekl., sofern er noch nicht vorhanden war, geweckt werden sollte. Nach Beauftragung erfolgte dann eine außergerichtliche Geltendmachung der Ansprüche mit Schreiben v. 23.9.2011, bei der die Interessengemeinschaft mit keinem Wort erwähnt wird. Daraus ist zu erkennen, dass die Interessengemeinschaft lediglich vorgeschoben wurde, um ein Mandat im Einzelfall zu erlangen."


Das Gericht (die Entscheidung ist vollständig abrufbar unter www.brak-mitteilungen.de ) hat daher den Mandatsvertrag gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 43 b BRAO als nichtig angesehen - der Mandant musste nicht zahlen.

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