Donnerstag, 12. November 2015

Testament - fast jeder braucht es !

Hört man sich zum Thema Testament um, fallen oft Aussagen wie „Ich brauche kein Testament, denn

                        das ist mir zu kompliziert – da muss ich ja zum Notar

                        das lohnt sich bei mir doch gar nicht

                        mein Mann erbt doch alles

                        mein Kind erbt doch alles.“
                   

In diesem Beitrag sollen Fragen zur Form (jur. „Errichtung“ eines Testamentes) erklärt werden.
 
Vorab: ja, ein gewisser Formzwang ist gegeben – aber ein Notar muss das Testament nicht aufsetzen und beurkunden.
 
Das Allerwichtigste: das Testament muss „von oben bis unten“ persönlich mit der Hand geschrieben sein. Auch eine schwer leserliche Schrift (liebevoll „Sauklaue“ genannt) entbindet einen nicht von dieser Form. Wer denkt, dass seine Schrift tatsächlich vollkommen unleserlich ist, muss sich dann doch den Weg zum Notar machen. Das OLG hatte sich jüngst mit einem unleserlichen Testament zu befassen. Wenn es interessiert, der kann hier die Pressemitteilung des OLG Schleswig lesen.
 
Bei Paaren, die verheiratet oder verpartnert sind, gibt es eine Erleichterung: Sie können ein gemeinschaftliches Testament machen. Dabei schreibt der eine Partner den Text per Hand, dann unterschreiben beide das Dokument. (Warum ich gemeinschaftliche Testamente oft für „unglücklich“ halte, werde ich in einem späteren Beitrag erläutern.)

Um einen Schönheitspreis geht es aber beim Verfassen des Testamentes nicht – Sie müssen also nicht das gute Büttenpapier heraus suchen, es geht zur Not auch ein Papiertaschentuch (wobei sich dann allerdings die Frage stellt, wie lange das Testament dann rein physisch haltbar ist).
 
Das Testament sollte (muss aber nicht – Hauptsache, es ist erkennbar, dass es eine Regelung für den Todesfall sein soll) mit „Mein letzter Wille“ oder „Testament“ überschreiben sein.  Unterschrift, Ort und Datum nicht vergessen. Ein Testament wird zwar nicht ungültig, wenn Ort und Datum nicht dabei stehen, aber u.U. fällt es ohne diese Angaben schwer festzustellen, welches das „aktuelle“ Testament ist.

In Zeiten des Internets informiert man sich ja über alles bei Google – aber vermeiden Sie, juristische Fachbegriffe. Erstens stimmt nicht alles, was man so im Netz findet und zweitens kann der Laie diese Fachbegriffe oft gar nicht richtig erfassen und schon bekommt das Testament eine ganz andere (juristische Bedeutung) als Sie wollten. Viel wichtiger als die „Geschliffenheit des Wortes“ ist es, dass IHR LETZTER Wille deutlich zu Tage tritt.
 
Testamente lassen sich jederzeit auch komplett widerrufen, also etwa vernichten und durch ein neues ersetzen oder ändern. Wenn man nicht das ganze Testament noch einmal abschreiben will, reichen auch „Zusätze“ oder „Nachträge“. Für diese gelten dann dieselben Regeln wie für das eigentliche Testament. – das Datum ist allerdings noch wichtiger, damit sich feststellen lässt, welches die jeweils letzte Änderung / aktuelle Fassung ist.

Bei gemeinschaftlichen Testamenten ist es hingegen deutlich schwieriger (wenn auch nicht unmöglich), die Inhalte zu ändern, vor allem, wenn einer der beiden Partner bereits gestorben ist.

Damit Ihr letzter Wille auch so im Testament Ausdruck findet wie Sie es wollen – lassen Sie sich anwaltlich beraten. Das Honorar, über das ein guter Anwalt / eine gute Anwältin, vor der Beratung sprechen und mit Ihnen eine Vereinbarung treffen wird wird, ist eine sehr gute Investition in die Zukunft – die Zukunft Ihres letzten Willens.

 

 

Dienstag, 23. Juni 2015

Widerruf bei Darlehensverträgen - BGH darf nicht über Verwirkung des Widerrufsjokers entscheiden


Die Spannung war groß ----- *TROMMELWIRBEL*

für heute hatten wir eigentlich eine wichtige Entscheidung des BGH erwartet:

In den Fällen, in denen sich Kunden auf die Fehlerhaftigkeit von Widerrufsbelehrungen in Darlehensverträgen berufen und deshalb die Rückabwicklung und / oder den Ausstieg aus ihren (meist Immobilien-) Krediten begehren, gilt es  beim sog. "Widerrufsjoker" zwei Hürden zu nehmen.

Die erste Hürde ist überwunden, wenn die Belehrung falsch ist und sich die Bank nicht auf die Schutzwirkung des Musters berufen kann. Dies ist nach Einschätzung der Verbraucherzentralen  bei ca. 80% der in den Jahren 2002 - 2010 verwendeten Widerrufsbelehrungen der Fall.

Die zweite Hürde ist schwieriger: da die Verträge meist vor etlichen Jahren abgeschlossen wurden, berufen sich viele Banken auf "Verwirkung" und "Rechtsmissbrauch". Der Kunde habe schließlich viele Jahre den Vertrag erfüllt und könne ich jetzt nicht mehr wegen einer reinen Formalie vom Vertrag lösen, zumal  die Bank auf die Durchführung des Vertrages vertraut habe.

Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte hierzu ist unübersichtlich und uneinheitlich -aber heute sollte der BGH laut der Pressemitteilung 76/2015 erstmals Gelegenheit haben, sich zu diesem Thema zu äußern.

Am Freitag, also  vier Tage vor dem heutigen Termin, wurde die Presseerklärung 102/2015 veröffentlicht: die Kläger (Kunden)  haben die Revision zurück genommen. Warum, weiß man nicht. Natürlich ist es das "gute Recht" der Kläger, das Rechtsmittel zurück zu nehmen - es steht zu vermuten, dass man sich außergerichtlich geeinigt hat.

Für viele andere Kläger wäre dieses  Urteil aber wichtig gewesen, egal, wie es gelautet hätte.  Das Prozessrecht gibt dem BGH leider keine Möglichkeit, sich zu den Rechtsfragen zu äußern -  bis ein anderer Fall den Weg vor das höchste deutsche Zivilgericht findet. Wann das sein wird, ist nicht absehbar - hoffentlich bald.  Jetzt müssen wir also weiter warten.......

Donnerstag, 18. Juni 2015

Erbrecht - die Top-Ten der größten Missverständnisse

Gestern Abend war ich zu Gast auf einer Veranstaltung, zu der eine  Bank ihre (wohl) wohlhabenderen Kunden eingeladen hatte. Gediegener Veranstaltungsort, gut temperierter Wein, leckere Häppchen - alles prima. Das Diskussionspodium war  mit Anwälten, Notaren und Steuerberatern (männlich und weiblich) kompetent besetzt.

Die Podiumsteilnehmer gaben ein paar grundsätzliche Statements ab, dann war reichlich Gelegenheit für die Gäste, Fragen zu stellen. Und dann kam es über mich - das Grauen.....Das Grauen darüber, wie viele Irrtümer bzw. Halbwahrheiten in den Köpfen vieler herumgeistern. Fehlvorstellungen, die viel, viel Geld "kosten" bzw. den letzten Willen der (jetzt noch) potenziellen Erblasser vollkommen zunichte machen können.

Hier also die "Top-Ten" der größten Missverständnisse (nicht nur am gestrigen Abend):

1.  Meine Frau und ich haben keinen Ehevertrag, also gehört ihr ja eh die Hälfte, da muss sie nur noch die andere Hälfte erben.

2. Mein Ehepartner wird automatisch Alleinerbe,  jedenfalls dann, wenn wir keine Kinder haben.

3. Die Erbschaftssteuer frisst doch eh alles auf.

4. Egal, wo ich sterbe - ich bin deutscher Staatsbürger, es gilt deutsches Recht.

5. Ich kann auch meinen Hund (Katze, Maus) alles vererben - liest man ja immer wieder in der Zeitung, dass die Promis das  machen.

6. Wenn ich mich von meinen Ehepartner trenne, wird das Testament automatisch unwirksam.

7. Das "Berliner Testament" kann nicht mehr geändert werden.

8. Was ich vor meinem Tod verschenke, geht meine Kinder doch nichts an.

9. Wenn mein Sohn / meine Tochter mich nicht ordentlich pflegt, wird er / sie enterbt und dann bekommt er/sie gar nichts.

10. Wenn die Erben erst einmal geerbt haben, können sie mit dem Vermögen machen, was sie wollen.


Diese Liste ließe sich noch reichlich erweitern, aber ich will es dabei belassen. Ich kann jedem nur ans Herz legen, sich entsprechend beraten zu lassen - und zwar nicht erst, wenn es um "viel" Geld (was immer man darunter verstehen mag) geht. Manchmal kommt es dem Erblasser auch einfach nur darauf an, dass der geliebte Wauwi nach dem Tode gut versorgt wird. Das kann durch ein Testament erreicht werden, allerdings nicht so, wie es in Ziffer 5 zu lesen ist.

Und wenn am Ende der Beratung die Erkenntnis steht, dass man kein Testament braucht, weil die gesetzlich vorgesehenen Regeln genau die Situation herbei führen, die man wünscht - dann hinterlässt doch auch diese Erkenntnis zumindest ein beruhigendes Gefühl. Was auf jeden Fall vermieden wird: dass Menschen in den Genuss des Nachlasses kommen, denen der Erblasser nicht oder nicht in der Höhe bedenken wollte.

Montag, 2. Februar 2015

Widerrufsbelehrungen - Erfahrungen

Das Thema "fehlerhafte Widerrufsbelehrungen" bzw. "Widerrufsjoker" und die Möglichkeiten, die sich dadurch für Kunden ergeben können, findet nach wie vor großes Gehör auch in der nicht juristischen Presse.

Als Fachanwältin, die in der Liste von Stiftung Warentest als "erfolgreich" aufgeführt ist (die Liste finden Sie  hier ), habe ich etliche Fälle im letzten Jahr bearbeitet und es kommen ständig neue hinzu.

Der Kollege Axel Pabst hat mich für seinen Blog um ein Interview zu meinen "Erfahrungen mit fehlerhaften Widerrufsbelehrungen in Darlehensverträgen" gebeten - das ich ihm natürlich gern gegeben habe.

Wenn Sie also noch überlegen sollten, ob auch Sie den Widerrufsjoker ziehen und sich ggf. von einem Kreditvertrag lösen und u.U. eine große Summe Geldes sparen können, sollten Sie dieses Interview lesen.....

Donnerstag, 8. Januar 2015

Auch für Unternehmer: Rückforderung von Bearbeitungsgebühren


Das Jahr 2014 haben wir geschafft - am Ende wurde es ´mal wieder stressig: insbesondere die Verjährung der Rückforderung von Bearbeitungsgebühren für Darlehen zum 31.12.2014 für alle Gebühren, die im Jahr 2011 und früher gezahlt worden waren, verlangte das Erstellen von vielen Güte- und Mahnbescheidsanträgen.

Was vielen aber gar nicht bewusst ist: auch Unternehmer bzw. Unternehmen können die Bearbeitungsgebühren zurück fordern, nicht nur Verbraucher.

Sowohl das AG Hamburg (4 C 387/12) als auch das AG Nürnberg ( 18 C 3194/13) haben das jeweils im November 2013 (18.11. bzw. 15.11.) entschieden. Es hat etwas gedauert - aber nun sind beide Urteile rechtskräftig.

Das AG Hamburg führt aus:
"Ferner fußt diese Bewertung nicht auf Erwägungen des Verbraucherschutzes, die gegenüber einem Unternehmer unangebracht wären. Die aufgeführten Gründe liegen insbesondere im Wesen des Darlehensvertrages und der Interessenverteilung an den mit der Bearbeitungsgebühr abgegoltenen Dienstleistungen zwischen den Parteien. Hierbei bestehen keine Unterschiede zwischen einem Vertrag mit einem Verbraucher und einem Unternehmer."

Das AG Nürnberg
"Dem steht nicht entgegen, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um Verbraucherdarlehensverträge handelt, weil der Kläger die Darlehensverträge für eine gewerbliche Tätigkeit, den Betrieb von Photovoltaikanlagen, aufgenommen hat. Gemäß § 310 Abs. 1 BGB sind lediglich die §§ 305 Abs. 2 und 3, 308 und 309 auf allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer gestellt werden, nicht anzuwenden. Der hier vorliegende maßgebliche § 307 BGB findet jedoch Anwendung. Nach Auffassung des Gerichts ist ein Gewerbetreibender durch die Vereinbarung eines Bearbeitungsentgeltes in gleicher Weise wie ein Verbraucher unangemessen benachteiligt. Der Grundgedanke, dass für Tätigkeiten, die im eigenen Interesse liegen, kein gesondertes Entgelt verlangt werden kann, gilt für einen Unternehmer gleichermaßen wie für Verbraucher."

Zugegeben - es sind ersteinmal "nur" Urteile von Amtsgerichten. Wenn man aber bedenkt, dass es bei Unternehmenskredite oft um ganz andere Summen an Bearbeitungsgebühren geht als bei Verbrauchern, lohnt es sich jedenfalls, ernsthaft über eine Rückforderung nachzudenken.

Lassen Sie sich (fach-)anwaltlich beraten - die Rückforderungsansprüche für Bearbeitungsgebühren ab dem Jahre 2012 sind noch nicht verjährt !