Mittwoch, 28. Februar 2018

Berliner Testament: Überlebender verschenkt Großteil des Vermögens – "Dumm gelaufen" für den Erben?

Das sog. „Berliner Testament“ ist hierzulande sehr beliebt. In seiner einfachsten Form lautet es:
„Wir, die Eheleute XY, setzen uns gegenseitig zu Alleinerben sein. Schlusserbe nach dem Längstlebenden soll unser Kind K sein.“
Was aber hat es für Folgen, wenn der Längstlebende das Vermögen, das ja nach dem gemeinsamen Willen der Eheleute bei Abfassung des Testamentes am Ende das gemeinsame Kind erhalten soll, zum größten Teil an einen neuen Lebenspartner / Lebenspartnerin verschenkt ? Darf man das? Kann K nichts dagegen machen?
So einen Fall hatte im letzten Jahr das OLG Hamm zu entscheiden (Urteil vom 12.09.2017 zum Akz. 10 U 75/16).
Zunächst einmal kann der Längstlebende mit dem Vermögen tatsächlich tun, was er will. Schenkungen sind wirksam, da er mit dem Erbe unbeschränkt verfügungsberechtigt über die Erbmasse ist. (Etwas anderes würde ggf. im Fall einer Vor- / Nacherbschaft gelten, die aber hier gerade nicht vorliegt.)
Die Frage in der genannten Konstellation ist, ob der Schlusserbe (das Kind) von dem Beschenkten die Schenkungen (oder ggf. Wertersatz) zurückverlangen kann.
Grundsätzlich ist dies nach § 2287 Abs. 1 BGB möglich, der da lautet:
„Hat der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, so kann der Vertragserbe, nachdem ihm die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern.“
Im vom OLG Hamm zu entscheidenden Fall hatte der Längstlebende Fondsbeteiligungen, Schuldverschreibungen, Genussrechte, Lebensversicherungen Dividenden und Bargeld (an ein und dieselbe Person) verschenkt, rd. EUR 250.000,00. Diese Schenkungen hatten den Nachlass weitgehend wertlos gemacht.
Die Richter stellten zunächst fest, dass es für die nach § 2287 BGB notwendige Benachteiligungsabsicht ausreiche, dass der Längstlebende gewusst habe, dass er durch die Zuwendung das Erbe schmälere. Er hätte die Einsetzung des gemeinsamen Sohnes als Schlusserbe beachten müssen.
Etwas anderes, so die Richter, könne nur gelten, wenn der Erblasser ein sogenanntes lebzeitiges Eigeninteresse an den Schenkungen habe (z. B., dass die Geschenke als Gegenleistung für erbrachte oder erwartete Pflegeleistungen vertraglich vereinbart gewesen seien). Ein solches habe aber der Beschenkte weder schlüssig vorgetragen noch bewiesen. Im konkreten Fall standen den Geschenken behauptete Pflege- und Haushaltsleistungen über einen Zeitraum von ca. vier Jahren gegenüber, wobei zu berücksichtigen war, dass der Beschenkte während dieser Zeit ohnehin in vollem Umfang freie Kost und Logis vom Verstorbenen erhalten habe sowie auf seine Kosten mit ihm gemeinsam gereist war. Außerdem war noch ein lebenslanges Wohnrecht versprochen worden.
Konsequenz: Das Kind bekam Recht – die Geschenke sind vom Beschenkten zurückzuerstatten, der Beschenkte muss alles herausgeben.
Bei Fragen / Streitigkeiten in erbrechtlichen Belangen wenden Sie sich gern an die Kanzlei Uelhoff.


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