Ein wirksam errichtetes eigenhändiges (Einzel-)Testament
kann auf verschiedene Arten wieder unwirksam werden: durch einen reinen
Widerruf, durch die Errichtung eines neuen Testamentes oder schlicht durch die
körperliche „Vernichtung“ der Urkunde.
Auch dabei ist jedoch Einiges zu beachten - Folgendes
Beispiel (stark vereinfacht nach Kammergericht Berlin, Beschluss vom 15. April
2016 (AZ: 6 W 64/15) möchte ich Ihnen schildern:
Der Erblasser ist verwitwet und hat drei Töchter. In einem
handschriftlichem Testament aus Januar 2010 setzt er T1 als Alleinerbin ein. Er
ersetzt dieses Testament im März 2011 durch ein neues Testament , in dem T1 und
T2 zu Erbinnen eingesetzt werden und bittet T1, die das Testament bei sich
aufbewahrt, das Testament aus 2010 zu vernichten. Das tut T1 auch.
T1 weiß nicht, dass es ein neues Testament gibt. Dieses neue
Testament gibt er in die Verwahrung beim Nachlassgericht.
In einer E-Mail im November 2013 schreibt der Erblasser an
T1 und T2, dass er nun auch seine letzte Wohnung überschrieben habe, er weiter
nichts mehr zu vererben habe und er daher hinsichtlich des verbliebenen
Vermögens von gesetzlicher Erbfolge ausgehe.
Als er 2014 stirbt, verlangt T3 Ihren Drittelanteil aufgrund
gesetzlicher Erbfolge von dem doch noch erheblichen Restvermögen. Sie ist der
Ansicht, dass das Testament aus März 2011 ungültig sei, weil durch die Mail aus
November 2013 der Erblasser es durch ein anderes Testament ersetzt bzw.
widerrufen habe.
Das Kammergericht hat jedoch entschieden, dass das Testament
vom März 2011 immer noch wirksam ist. Ein Testament kann sowohl durch ein neues
Testament als auch dadurch widerrufen werden, dass der Erblasser die
Testamentsurkunde vernichtet oder an ihr Veränderungen vornimmt, durch die der
Wille ausgedrückt wird, eine schriftliche Willenserklärung aufzuheben.
Die E-Mail des Erblassers vom November 2013 erfüllt nicht
die Anforderungen an ein neues eigenhändiges Testament. Eine E-Mail ist kein
eigenhändig geschriebenes Dokument, weil die Unterschrift vom Verfasser nicht
selbst geschrieben ist. Die E-Mail lässt zudem inhaltlich keine
Widerrufserklärung erkennen.
Denkbar wäre auch folgende Konstellation: der Erblasser
lässt sich das Testament aus 2010 von seiner Tochter zurückgeben und könnte so lediglich einzelne Passagen
z.B. mittels Durchstreichen unwirksam machen. Dann ist es dringend ratsam, die
gestrichenen Passagen zur Klarstellung und zu Beweiszwecken mit Datum und der
eigenen Unterschrift zu versehen. Damit erübrigen sich im Erbfall Fragen, wer
die Streichungen vorgenommen hat.
Selbst bei scheinbar einfachen Dingen wie dem Widerruf oder
auch der Änderung eines Testamentes zahlt sich anwaltlicher Rat aus, wenn SIE
wollen, dass IHR letzter Wille tatsächlich auch Geltung erlangt !
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