Dienstag, 8. Januar 2013

Der Tod, die Bank und der Erbschein

Viele kennen die Situation: Vater, Mutter oder ein anderer nahe stehender Mensch ist verstorben. Der Erbe hat sich bereits mit vielen Behörden herum geschlagen und will - oder muss - zur Begleichung von Kosten das Konto des Erblassers mit einem Guthaben von nicht allzugroßer Höhe auflösen.

Regelmäßig verlangt die Bank dann einen Erbschein - und zwar auch dann, wenn sie die Verhältnisse des ehemaligen Kunden und des Erben kennt und es keinen Zweifel an der Erbenstellung gibt. Grund ist folgende (oder ähnliche) Klausel in den AGB:
"
Nach dem Tode des Kunden kann die Sparkasse zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins, eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher gerichtlicher Zeugnisse verlangen; fremdsprachige Urkunden sind auf Verlangen mit deutscher Übersetzung vorzulegen.
Die Sparkasse kann auf die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des Kunden sowie die Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorgelegt wird.“

Nun kostet ein Erbschein Geld (und Zeit) und auch ein Testament ist oftmals nicht vorhanden. Wenn die Bank doch keinen Zweifel an der Erbenstellung hat - darf sie sich dann auf diese Formalien zurück ziehen ?

Das OLG Hamm hat  vor kurzem in einem Urteil festgestellt: nein, darf sie nicht !

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
"....Die Klausel ist unwirksam, weil sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.....Denn jedenfalls hat auch ein Erblasser regelmäßig kein Interesse daran, dass auch in Fällen, in denen das Erbrecht unproblematisch anders als durch Vorlage eines Erbscheins nachgewiesen werden kann, die Beklagte auf der Vorlage eines Kosten verursachenden Erbscheins bestehen kann......Es steht außer Frage, dass auch die Beklagte jedenfalls bei Vorliegen konkreter Zweifel an dem behaupteten Erbrecht Leistungen von der Vorlage eines Erbscheins bzw. Testamentsvollstreckerzeugnisses abhängig machen kann. Den AGB der Beklagten lässt sich eine Einschränkung auf Zweifelsfälle nach dem maßgeblichen Verständnis eines Durchschnittskunden aber nicht entnehmen."

Das OLG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zugelassen, das Urteil ist also (leider) noch nicht rechtskräftig.


2 Kommentare:

  1. Es gibt ein notarielles Testament und ein Eröffnungsprotokoll. Die Bank fordert aber einen Erbschein und damit sind Zeit und Kosten verbunden. Wie ist die Rechtslage?

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  2. ....nein, der BGH hat schon 2005 anders entschieden:
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=480a47ad666fea592704c4c812c4b4f9&nr=33263&pos=0&anz=1&Blank=1.pdf

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