Dienstag, 19. Januar 2016

Wieder eine "Schlappe" für die Banken - BGH zur Vorfälligkeitsentschädigung


Wenn Kredite vorzeitig abgelöst werden sollen oder müssen, verlangen Banken Vorfälligkeitsentschädigung. Dies steht ihnen dem Gesetz nach auch zu (§ 490 Abs. 2 Satz 3 BGB für Immobilienkredite, § 502 BGB für die übrigen Darlehen). Ärgerlich ist allerdings, dass diese Vorfälligkeitsentschädigungen bei Immobilienkrediten der Höhe nach nicht begrenzt sind. Selbst wenn die Berechnungsgrundsätze, die der Bundesgerichtshof (BGH) aufgestellt hat, korrekt angewendet werden, sind oft Beträge von mehreren zehntausend Euro fällig.
Sind in den Darlehensverträgen Sondertilgungsmöglichkeiten vereinbart (meist einmal jährlich 5 oder 10% der ursprünglichen Darlehenssumme), so ist nach allgemeiner Ansicht, diese Möglichkeit der Sondertilgung bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zugunsten des Kunden voll zu berücksichtigen. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob der Kunde in der Vergangenheit die Möglichkeit zur Sondertilgung jemals genutzt hat oder aktuell überhaupt die Liquidität hätte, Sondertilgungen zu erbringen.
Da die Banken ja höchst findig sind, wenn es darum geht, an das Geld ihrer Kunden zu kommen, ist eine Sparkasse auf die Idee gekommen, in ihren AGB (hier in formularmäßigen "Besonderen Vereinbarungen") festzuschreiben, dass Sondertilgungsmöglichkeiten bei der Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung NICHT eingerechnet werden.

Dem hat der BGH mit seinem heutigen Urteil einen Riegel vorgeschoben: solche Klauseln sind unwirksam !
Der BGH führt dazu aus:
„…………….. Die rechtlich geschützte Zinserwartung wird - unter anderem - durch vereinbarte Sondertilgungsrechte begrenzt. Diese begründen ein kündigungsunabhängiges Teilleistungsrecht des Darlehensnehmers zur Rückerstattung der Valuta ohne Verpflichtung zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Mit der Einräumung solcher regelmäßig an bestimmte Voraussetzungen geknüpften Sondertilgungsrechte gibt der Darlehensgeber von vornherein seine rechtlich geschützte Zinserwartung im jeweiligen Umfang dieser Rechte auf. Von diesen Grundsätzen der Bemessung der Vorfälligkeitsentschädigung nach § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB weicht die beanstandete Regelung zum Nachteil des Darlehensnehmers ab, indem dessen künftige Sondertilgungsrechte, die die Zinserwartung der Beklagten und damit die Höhe der von ihr im Falle einer Kündigung nach § 490 Abs. 2 Satz 1 BGB zu beanspruchenden Vorfälligkeitsentschädigung beeinflussen, bei der Berechnung - generell - ausgenommen werden.

Die generelle Nichtberücksichtigung vereinbarter künftiger Sondertilgungsrechte bei der Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung führt zu einer von der Schadensberechnung nicht gedeckten Überkompensation der Beklagten. Die Klausel ist deshalb mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, unvereinbar und benachteiligt die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Die Überkompensation wird nicht anderweit ausgeglichen oder auch nur abgeschwächt. Die Beklagte führt auch keine Umstände oder Erschwernisse an, die eine Außerachtlassung künftiger Sondertilgungsrechte bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung rechtfertigen könnten."

Wieder eine ordentliche Schlappe für die Banken!
Sollten Sie in den Jahren 2013, 2014 oder 2015 Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt haben, sollten Sie überprüfen lassen, ob vertraglich eingeräumte Sondertilgungsrechte auch korrekt berücksichtigt wurden. Sollte im Darlehensvertrag nicht festgelegt sein, wann die Sondertilgung geleistet werden kann (oft wird nur gesagt „einmal pro Kalenderjahr“), muss sie bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung fiktiv als am 01.01. geleistet einbezogen werden. Allein dies kann erhebliche Rückzahlungsbeträge zu Ihren Gunsten bedeuten.

Vereinbaren Sie bei einer Fachanwältin / einem Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht einen Beratungstermin – es könnte sich lohnen.

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