Mittwoch, 13. Januar 2016

Testament ohne Datum


Im vorherigen Beitrag hatte ich darauf aufmerksam gemacht, dass ein Datum zur Gültigkeit eines handschriftlichen Testaments zur Gültigkeit grundsätzlich nicht erforderlich ist (bei einem notariellem Testament stellt sich die Problematik nicht). Das Fehlen des Datums oder ein nicht vollständiges oder nicht lesbares Datum kann jedoch – wie das OLG Schleswig jüngst entschied - dann zur Unwirksamkeit eines Testamentes führen, wenn es mehrere Testamente gibt.

Folgender (verkürzter) Sachverhalt lag diesem Urteil zu Grunde:

Der Erblasse hatte unstreitig bereits mehrere Testamente (teils handschriftlich, teils notariell) verfasst und wirksam widerrufen. Nach seinem Tod wurde ein Zettel bei Gericht eingereicht:

"Mein heutige Testament!

Donnerstag 09. (folgende Zahlen kaum leserlich) 09.

D erbt nach meinem Ableben Alle meine Ersparten Gelder (DM) Sparkasse / Commerzbank Lübeck.

Frau Z verwaltet es.

(Unterschrift des Erblassers)!"

Das OLG stellt fest, dass nicht von einem gültigen Testament ausgegangen werden kann, weil mangels sicherer Datierung nicht festgestellt werden kann, ob es zeitlich nach dem wirksamen, inhaltlich aber entgegenstehenden notariellen Testament vom April 2008 (das war das jüngste bestehende Testament) errichtet worden ist. Das OLG Schleswig hält weiter fest, dass die äußere Form des Schriftstücks als „Schmierzettel“ der Eigenschaft als Testament nicht entgegensteht. Ein Testament könne auch auf einem „Notizzettel“ errichtet werden. Bei der Verwendung von verkehrsunüblichen Materialien für ein Testament sei aber der ernstliche Testierwille besonders zu hinterfragen. Das OLG führt hierzu aus, dass aus dem Schriftstück deutlich wird, dass es sich nicht um einen bloßen Entwurf handeln sollte. Die Überschrift „Mein Heutige Testament“, der folgende Text und die abschließende Unterschrift mit vollem Vor- und Nachnamen, legen die Annahme eines Testierwillens nahe.

Gemäß § 2247 Abs. 2 BGB soll der Erblasser angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) er die letztwillige Verfügung niedergeschrieben hat. Die Zeitangabe stellt damit kein zwingendes Formerfordernis dar. Falsche Orts- und Zeitangaben führen nicht schon von sich aus zur Unwirksamkeit des Testaments. Der genaue Errichtungszeitpunkt ist nur dann von Bedeutung, wenn ab einem bestimmten Zeitpunkt die Testierfähigkeit des Erblassers nicht mehr vorlag, oder wenn es beim Vorliegen mehrerer Testamente darauf ankommt, welches das spätere Testament ist. Ergeben sich danach Zweifel über die Gültigkeit eines Testaments, ist dieses gemäß § 2247 Abs. 5 Satz 1 BGB nur dann als gültig anzusehen, wenn sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit der Errichtung anderweitig treffen lassen, z.B. aus dem sonstigen Inhalt der Urkunde.

§ 2247 Abs. 5 BGB regelt zwar ausdrücklich nur den Fall, dass das Testament keine Angaben über den Zeitpunkt der Errichtung enthält. Die Vorschrift ist aber erweiternd dahin auszulegen, dass sie auch Anwendung findet, wenn das Testament ungenaue Zeitangaben enthält und sich hieraus Zweifel über die Gültigkeit ergeben.

Das OLG Schleswig versucht dann noch, über eine Auslegung zu einer "sicheren" Datierung des Testamentes zu kommen, was aber nach Ansicht des Gerichts scheitert.

Fazit:

Kann einer vorhandenen Datumsangabe kein eindeutiger Inhalt beigemessen werden und lässt sich der Zeitpunkt nicht anderweitig klären, steht das Testament einem nicht datierten gleich. Hieraus ergeben sich dann Zweifel an der Gültigkeit, weil das nicht datierte Testament zeitlich früher entstanden sein kann, als ein eindeutig datiertes späteres Testament. Diese Zweifel gehen zu Lasten desjenigen, der sich auf das undatierte Testament beruft (hier: D).

 

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