Dienstag, 18. Dezember 2012

Frau Schickedanz, Sal. Oppenheim und die Falschberatung

Heute beginnt vor dem Landgericht Köln ein Verfahren, das vor allem hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Forderung spektakulär ist: Madeleine Schickedanz, die "Quelle-Erbin", fordert vom Bankhaus Sal. Oppenheim und dem "Immobilienkönig" J. Esch rund 1,9 Mrd. Euro Schadensersatz wegen Falschberatung bei der Anlage ihres Vermögens.

Wenn ich mir aus Sicht meiner Mandanten, die Schäden zwischen ca. 10.000,00 - 500.000,00 Euro erlitten haben, Gedanken über das Verfahren mache, drängen sich folgende Fragen auf:

Woher hat Frau Schickedanz eigentlich das Geld für diesen Prozess, wenn sie doch nach eigenen Angaben von Euro 600,00 im Monat leben und beim "Discounter" einkaufen muss ? Selbst wenn ihre Anwälte auf Erfolgsbasis arbeiten (was nur unter engen Voraussetzungen möglich ist) oder auf Vorschüsse verzichten, so schlagen allein die Gerichtskosten beträchtlich zu Buche: Mein Gerichtskostenrechner wirft bei einem Streitwert  von "nur" 100 Mio Euro bereits ca. 275.000,00 Euro an Gerichtskosten aus - danach streikt er...... Die Gerichtskosten sind übrigens stets im Voraus und in voller Höhe zu zahlen.


Wenn ich weiter überlege, dass meinen Mandanten regelmäßig vorgeworfen wird, sie seien allein renditegetrieben oder wollten Steuern sparen, hätten doch alles in den Unterlagen lesen können, seien selbstverständlich höchst umfassend in stundenlangen Gesprächen über alle Risiken aufgeklärt worden und hätten selbsverständlich auch gewusst, dass selbst ihre Sparkasse im hintersten Schleswig-Holstein vor allem an den Provisionen verdient -- wie will Frau Schickedanz da nachweisen, dass sie, Erbin eines Milliardenvermöges, Unternehmerin, umgeben von zahlreichen Berastern außerhalb des Bankhauses tatsächlich falsch beraten, d.h. über Risiken nicht aufgeklärt wurde bzw. die Bank die Pflichten des Vermögensverwaltungsvertrages schuldhaft verletzt hat ???

Mir und meinen Mandanten, bei denen es sich zumeist um Anleger jenseits der Rentengrenze handelt, die das angelegte Geld hart erarbeitet und erspart und ihrer Bank vollkommen vertraut haben, gelingt dies nur unter großen Mühen, manchmal auch gar nicht.

Auch für Frau Schickedanz gelten die Beweislastregeln im Zivilprozess  - ich bin sehr gespannt, wie das Verfahren ausgeht. Ich wage eine Prognose: man wird sich spätestens in der Berufungsinstanz vergleichen. Aber ich werde mich da wohl in großer Geduld üben müssen.......

6 Kommentare:

  1. Beim Stichwort "Kosten" denke ich an das Stichwort "Prozeßfinanzierer". Wenn es gelungen ist, einen Finanzierer von den Erfolgschancen zu überzeugen ...

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  2. ...ja, das wäre eine Möglichkeit. Aber auch diese "Überzeugungsarbeit" muss ja jemand leisten und will dafür bezahlt werden. Ein Prozessfinanzierer wägt die Risiken sehr genau ab. Und ob man davon dann nicht erfahren hätte....?

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    1. Der Prozeßfinanzierer bezahlt dem RA i.d. R. eine Geschäftsgebühr. Das kann sich bei dem Gegenstandswert schon rechnen.

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    2. Meist verlangt der Prozessfinanzierer einen Klageentwurf - muss aber nicht, denn die könnten den Fall ja selbst prüfen und das Risiko abschätzen. Der PF verlangt 20-30 Prozent, dass hätte ich in Frau Schickedanz Stelle getan.
      Vielleicht hat es ihr niemand gesagt?

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  3. Wenn ich mich richtig erinnere, werden die Gebühren doch bei einem Streitwert von 30 Mio. gekappt. Wenn dann auch die Anwälte nur nach Streitwert abrechnen (unrealistisch, ich weiß), dann ist es doch ein vergleichsweise überschaubarer Betrag.
    Aber auf den Vortrag zur anlage- und anlegergerechten Beratung in diesem Fall bin ich auch gespannt.

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  4. Gemäß § 22 Abs.2 RVG sowie § 39 Abs.2 GKG beträgt der Wert höchstens EUR 30 Mio pro Person - im Maximum jedoch 100 Mio.

    Prozessrisiko bei unterliegen bis zum BGH: 3.150.031,11€ (Ohne Gutachter und Zeugenkosten)

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